Alice Schwarzer zum Thema „Mann“ – Teil I

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Die wohl breitenwirksamste und sicherlich „eine der bekanntesten – ich würde sagen die! bekannteste – Vertreter(in)nen der deutschen Frauenbewegung“ (wikipedia), hat ihre neue Biographie vorgestellt. Darin, so Vorarlberg Online, betone sie, keine „Männerhasserin“ zu sein. Trifft dies zu oder zieht sie doch immer noch pauschal gegen „Machos und weibliche Unterdrückung“ in den Krieg, wie es in den 70ern der Fall war?

Um dies herauszufinden, habe ich mich darangemacht, den Output zum Suchbegriff „Mann“ auf ihrer Homepage zu analysieren.

Die Suche brachte 219 Ergebnisse zutage. Die ersten zehn Seiten – 100 Ergebnisse – mit einer Relevanz von 100 bis 66% wurden berücksichtigt. Ähnliche Begriffe wie Kachelmann, Mannheim, Käßmann usw. wurden nicht in die Bewertung mit aufgenommen.

Auf Seite 1 finden wir den ersten Artikel, in welchem das Schlagwort „Mann“ vorkommt. In Gründe zum Männerhass? – Emma 3/1977 beklagt sich Schwarzer darüber, dass sie die Boulevardzeitung „Express“ damals in einem Artikel als „Deutschlands Männerhasserin Nr. 1“ tituliert hat und verallgemeinert diese Express-Polemik auf alle Frauen. Sie betont, dass ihr Kampf nur für Frauen und nicht gegen Männer bzw. nur gegen Männer sei, wo diese der Emanzipation der Frauen im Wege stehen würden, schreibt aber im nächsten Satz eben davon, dass sich dieser express’sche Angriff gegen alle Frauen richten würde, die es wagten Männer! in Frage zu stellen.

Es scheint einfach zu sein, oftmals angebrachte Kritik an einzelnen Männern vorzubringen, wenn man eine strukturelle Kritik am MANNSEIN bereits voraussetzt. Die Patriarchatslüge schimmert durch. Frau „Ich-habe -nichts-gegen-Männer“ Schwarzer spricht von Herrschern und Beherrschten, von einer Sklavenmentalität der Frauen, vergisst aber darauf, zu betonen, WER denn eigentlich „herrscht“ in unserer (schein)demokratisch legitimierten Gesellschaft – die 99% in normalen Jobs arbeitenden Männer sicherlich nicht. Anscheinend auch nicht zu Hause, wenn wir den jetzt zugänglichen Studien zur Verteilung von gewalttätigen Handlungen in Familien nach Geschlecht und die Konsumausgaben nach Geschlecht berücksichtigen – früher war das Verhältnis in einigen Fragen diesbezüglich sicherlich noch ausgeprägter. Mal so, mal so, das sei zugestanden. Interessant auch ihre Rechtfertigung des „Hasses“ auf einzelne Männer und gesamtgesellschaftlich auf Männer!, die Herrscher in einer „Männergesellschaft“. Beispiele für hassenswerte Subjekte dieser Spezies, wie den Mann einer Arbeiterfrau, nach Aussage dieser „das Schwein“, runden das einseitige Bild ab.

Auf Seite 2 finden sich drei Artikel. In Der Männerschreck, einer im Stern erschienen „Geschichte der Frau, die deutsche Frauen auf die Barrikaden treibt“, durchläuft und beschreibt Winfried Maaß Stationen in Schwarzers Leben und die „wichtigsten“ Ereignisse, Siegeszüge während dieser Lebensphasen in einigen Passagen meiner Meinung nach ganz gelungen und gibt wider was in Sofies-, nein Schwarzers-Welt wohl Sache zu sein scheint:

Agitatorin und Amazone in einem, ist Alice Schwarzer angetreten, die Männerherrschaft zu brechen.

Auch bezeichnend die Aussagen zum heute verbreiteten, damals noch nicht benannten Gender Mainstreaming:

Gleich den Führerinnen der „Women’s lib“, der großen amerikanischen Frauenbefreiungsbewegung, träumt deren deutsches Nachbild von einer neuen Lebensordnung, in der es – Zeugen und Gebären notgedrungen ausgenommen – keine Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern gibt, wo Kinder nicht mehr „in männliche und weibliche Rollen gedrängt, sondern zu Menschen erzogen werden“, die niemanden untertan sind und sich ihrer Begabung und Neigung entsprechend entfalten können.

Hervorzuheben, welcher „Machtmittel“ Frauen sich bedienen sollten:

Aber sie weiß auch, dass Liebe zwischen Frauen ein Kampfmittel gegen Männer sein kann: Die Frauen können ihnen dann leichter den Koitus verweigern, um ihre Forderungen nach totaler Gleichberechtigung besser durchzusetzen.

Alice im Männerland – 13.02.04 ist ein Kurzbericht von Uwe Spille – wohl auch ein Kind seiner Zeit – über einen Vortragsabend Schwarzers in der Stadthalle Tuttlingen. Man könnte meinen, Spille würde um Schwarzer freien, wenn man Zuschreibungen wie diese

Hockt da, locker, unverschämt strotzend vor Weiblichkeit, eine stolze, sich selbst bewusste Frau, und verströmt eine Wärme und Herzlichkeit, dass selbst die zugige Halle zum gemütlichen Wohnzimmer zu werden scheint.

oder diese

Groß und füllig, warm, verständnisvoll, beschützend und jederzeit bereit, wie eine Löwin ihre Kinder, die Frauen, Menschen zu verteidigen.

bzw. diese

Alice Schwarzer hört zu, verständnisvoll, hilft mit Worten, wo sie kann. Brillant im Analysieren, praktisch veranlagt und intellektuell kaum angreifbar. Langanhaltender, herzlicher Applaus zum Schluss.

liest. Soviel zum Thema Objektivität. Doch nun zu den Aussagen von Frau Schwarzer. Diese scheint wirklich der Meinung zu sein, dass es junge Frauen heute wesentlich schwerer hätten, als sie damals. Verständlich, bei den nur ein, zwei Gleichstellungsbeauftragt“innen“ bundesweit, welche sich wahrscheinlich auch noch nur eine volle Stelle teilen müssen. Oder der nächste Brüller:

„Ich bin eine Gleichheitsfeministin, für mich sind Männer und Frauen gleich viel wert“

Das sehe ich auch so! Nur hat das in meinen Augen nur partiell, unter eklatanter Ausblendung von Biologie, etwas mit fundamentaler „Gleichheit“ zu tun und überschneidet sich wohl eher mit „staatsfeministischen“ Anliegen bzw. hofiert, lanciert den Gleichstellungs!feminismus. Kann mal jemand Frau Schwarzer den Unterschied zwischen Gleichartig- und Gleichwertigkeit erklären? Wahrlich ein interessantes Bild, welches uns Herr Spille hier (über)zeichnet. In Ein Mann sieht rot – EMMA 6/2005 hetzt Schwarzer gegen den damaligen Kanzler Schröder, polemisiert stark zugunsten einer Kanzlerin Merkel. Wie sollte man Vergleiche zu Tyrannen, persönliche Abwertungen oder gar Unterstellungen auch anders bezeichnen, als als Hetztiraden.

Wir erkennen den typischen Tyrannen daran, dass er männlich ist; er macht, was er will; und es tödlich sein kann, ihm zu widersprechen. Innerhalb seines Universums gilt sein Gesetz, ob Eigenheim oder Kanzleramt. Unser Polittyrann spielt sich als Wahlsieger auf, obwohl er der Verlierer ist.

Schröders Motiv ist unübersehbar Verachtung, ja Hass auf die Frau, die ihm gewachsen sein könnte.

Aber Frau Schwarzer hatte Recht, eine deutsche Kanzlerin tat Not. Die Welt hat sich mit einer deutschen Kanzlerin sichtbar verändert. Ob dies gut oder schlecht ist, bleibt dahingestellt.

Auf Seite 3 finden sich zwei Artikel. In Foltern Frauen wie Männer? – EMMA 4/2004, stellt sich Schwarzer ebendiese Frage und gelangt für viele – für mich nicht – zu überraschenden Einsichten. Erstmal sei zu erwähnen, dass es tausende Fotos der Folterungen von Abu-Ghraib gebe aber immer nur vier herausgestrichen worden wären. Darunter das meistpulizierte, welches die Gefreite England zeigt.

Sie hält stehend eine Leine in der Hand, die um den Hals eines kriechenden nackten Mannes gebunden ist. Es ist das einzige Bild, auf dem die Agierende sich nicht der Kamera, sondern dem Opfer zuwendet. Ihre Körperhaltung wirkt nicht herrisch, sondern eher unschlüssig, fast marionettenhaf

Es möge jeder selber entscheiden, ob so oder so Marionetten aussehen. Ich sehe hier keine „Marionetten“ und warum eigentlich Marionetten? Das wird dem Leser bei fortführender Lektüre klar. Frau England hat nur „mitgemacht“, es wurde ihr „aufgetragen“, so Schwarzer um dann wie selbverständlich konkludieren zu können:

Das eigentliche Geschehen ist nicht die Handlung, sondern das Dokumentieren der Handlung, sind die Fotos. Sie sind die Trophäen der Sieger, Beweise der Zerstörung des Gegners – und der Degradierung der eigenen Kameradinnen.

Schön: Frauen foltern nicht, Frauen misshandeln nicht, Frauen wenden keine Gewalt an – außer im familiären Umfeld – und Frauen entwickeln keine Sadismen; schon gehabt, schon widerlegt.

Noch sind diese Frauen Lichtjahre entfernt von einer wirklichen Gleichberechtigung und damit Gleichheit in der Armee. Nur der Starke kann zum triumphalen Täter werden, die Frauen aber sind noch schwach.

Doch nun die Wendung. Es geht scheinbar, ein paar Zeilen weiter, nicht darum, zu behaupten, Frauen täten all‘ diese schlimmen Dinge nicht sondern darum, aufzuzeigen, dass es sich hier letztlich doch immer um eine Frage der Macht handle. Logisch, um eine Handlung zu setzen braucht es kein handelndes Subjekt, derjenige, welcher die Handlung dokumentiert, setzt die Handlung, verfügt über die Macht. Aber spielt auch keine Rolle, da es letztlich wieder aufs Patriarchat hinausläuft und das Faktum, dass nur rund 10% der amerikanischen Soldaten im Irak weiblich wären, die Fotos jedoch ausschließlich oder vermehrt weibliche Akteurinnen zeigen würden, die Frage nach dem Zufall! bei Frau Schwarzer aufwirft. Letztlich sind alle „verwickelten“ Frauen „Opfer“ des Patriarchats oder „Statistinnen in pornografischen Inszenierungen“. Ich erspare den Rest möchte allerdings die Frage aufwerfen, warum Frau Schwarzer die Entrüstung der Menschen immer nur darauf zurückzuführen sucht, dass es Frauen, das unterdrückte Geschlecht, waren, die eine solche Tat begingen, dazu gezwungen wurden und nicht, wie wohl die meisten darüber, dass es Frauen, die in unserer Gesellschaft immer noch und verMEHRT einen Mehrwert gerieren und gegenüber Männern besitzen – 10 Tote, darunter Frauen und Kinder -, unantastbar, würdevoll sind, diese Frauen es sind, welche solche Taten begehen. Dass dem so ist, dafür hat nicht zuletzt der Feminismus des weiblichen Opfernarzismus‘ gesorgt. Ich weiß, dass Frauen zu allem fähig sind auch ohne handelnde, männliche Subjekte im Hintergrund, Frau Schwarzer scheint dies allerdings nicht zu wissen, zu wissen wollen. Frau Schwarzer hält Frauen wohl immer noch für „Puppets“; na da wird sie die „Muppet-Show“ wohl geliebt haben. In Alice im Staate der Männer (Zeit-Artikel aus dem Jahre 1976) kommt Christian Schultz-Gerstein zu Wort. Er verteidigt, ungeachtet des Inhalts von Schwarzers Aussagen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und kritisiert die Untergriffigkeit einiger, damaliger Kommentatoren und Kollegen in der Auseinandersetzung mit Schwarzer.

So gewiss Alice Schwarzers Kritik am Patriarchat nicht unter Naturschutz steht, so gewiss muss eine demokratische Öffentlichkeit, die diesen Namen verdient, den Schutz ihrer wie jeder anderen Person gewährleisten dadurch, dass sie sie ernst nimmt, ihr sachlich widerspricht, zustimmt oder sie auch für unwichtig hält und schweigt.

Ich gehe mit dieser Meinung selbverständlich d’accord.

Fortsetzung folgt

2 Kommentare zu „Alice Schwarzer zum Thema „Mann“ – Teil I

    Ist der Feminismus rassistisch ? « maennergedanken sagte:
    April 7, 2012 um 5:32 pm

    […] die in akribischer Kleinarbeit zusammengetragenen Analysen von Schwarzers Aussagen über Männer. 1, 2, 3, […]

    Verbreiter sagte:
    Oktober 4, 2012 um 1:14 pm

    „so gewiss muss eine demokratische Öffentlichkeit, die diesen Namen verdient, den Schutz ihrer wie jeder anderen Person gewährleisten“

    Warum muss eine Öffentlichkeit einen Schutz für Alice gewährleisten?
    Da gehe ich nicht “ dAccord!

    Wer dummes Zeug schreibt, ist selber schuld!

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